"Auf Luki ist Verlass!"

20. September 2025

Erfolgscoach Gregor Högler analysiert die Diskus-Qualifikation

Viel mehr als 60 Minuten Zeit zum Schlafen blieben ihm nicht, die "doppelte Finalbelastung" verlangt noch intensiveren Einsatz als ohnehin: Aber Erfolgscoach Gregor Högler, im bürgerlichen Beruf seit Ende letzten Jahres Vorstand von Leistungssport Austria, ist ohnehin kein Freund großer Ruhephasen. Der 53-Jährige fand - vor dem abendlichen Speerwurffinale mit Victoria Hudson - noch Zeit, in aller Gründlichkeit die Qualifikationsleistung von Diskus-Vize-Europameister Lukas Weißhaidinger zu analysieren. 

Wie lässt sich der 6. Quali-Rang bzw. die Weite von 65,91 m bewerten? Wie zufrieden bist du als Coach?

Gregor Högler: "Ehrlich gesagt, ich hab's auch an den Reaktionen der anderen Coaches und Athleten gemerkt, diese Leistung haben Lukas nicht viele zugetraut. Und sie sind immer wieder erstaunt, wie verlässlich er in der Regel abliefert. 65,91 m sind absolut o.k., die Wurftechnik war richtig gut, da ist jedenfalls noch genug Spielraum für volle Attacke. Und natürlich hatten wir da noch die Qualifikation 2021 bei den Olympischen Spielen in Tokio, im selben Stadion, im Hinterkopf. Mach' den Luki, das heißt seit damals, nach zwei Fehlversuchen noch einen raushauen und sich fürs Finale qualifzieren. Mit seiner Weite von damals wäre man heute ausgeschieden. Das sagt viel über die Entwicklung im Diskuswerfen. Zusammengefasst: Uns hatten international nicht viele am Radar, aber jetzt haben sie uns auf dem Schirm. Jetzt wissen sie: Luki kann auch im Finale abliefern. Aber er hat schon recht, wenn er sagt: Favoriten sind andere. Daniel Stahls Quali-Siegesweite war richtig stark, seine Körpersprache war dominant, die Technik wirkte sehr flüssig und locker. Also das ist der Mann, den es zu schlagen gilt. Dann würde ich Kristjan Ceh als zweiten Favoriten nennen, dann erst Weltrekordler Mykolas Alekna. Sein (älterer) Bruder Martynas  war die Überraschung schlechthin, das hätte ich ihm nie zugetraut. Mal schauen, wie er sich am Sonntagabend präsentiert. Es wird in jedem Fall spannend und die 70 m werden fallen, da bin ich ganz sicher..."

Der Formaufbau war aufgrund der privaten Ereignisse bei Lukas - Vaterschaft, Hausbau - und auch des späten WM-Termins ganz speziell. Beim letzten Wettkampf der Saison top abzuliefern - das klingt nach großer Herausforderung. Wie schwierig war es jetzt im Rückblick?

Högler: "Ich glaube so ein Programm kannst du nur mit einem wirklich erfahrenen Athleten, der aus Lukis besonderem Holz geschnitzt ist, andenken: Spät in die Saison einzusteigen, international nicht viel anzutreten, Schritt für Schritt die Formkurve nach oben schrauben, das verlangt in erster Linie gute Nerven. Aber die hat Lukas. Und ja, es scheint top funktioniert zu haben. Er ist auf den Tag X genau in Top-Form."

Was heißt das für Sonntag - was darf man erwarten?

Högler: "Wir spekulieren mit Regen, das würde den Wettkampf noch spannender machen. Und natürlich wird Lukas mehr riskieren als in der Qualifikation. Aber das gilt nicht nur für ihn. Die Saisonbestleistung 67,03 m sollte in jedem Fall fallen, das ist unser Anspruch. Was sich dann für eine Platzierung ausgeht, das wird man sehen. Ich bin nach heute jedenfalls sehr optimistisch!"