Auf Wolke 70
Neo-Rekord gibt Motivationsschub
"Es fühlt sich einfach gut an. Ich hab' mich als Diskuswerfer schon lange nicht mehr so motiviert und leicht gefühlt", lächelt ÖLV-Diskus-Rekordhalter Lukas Weißhaidinger. Montagvormittag bat der 31-jährige Oberösterreicher zur Saisonvorschau-Pressekonferenz ins BSFZ Südstadt - gemeinsam mit Coach Gregor Högler und Trainingspartnerin Victoria Hudson.
Lukas Weißhaidinger über...
... die vierteilige Test-Meeting-Serie in Schwechat: "Da haben wir jeweils nur 3 Starter, eine Handvoll Kampfrichter und Helfer Die Wettkämpfe sind ganz auf mich zugeschnitten. Der Wurfring ist vertraut, der Erwartungsdruck hält sich noch in Grenzen. Das ist für mich das ideale Umfeld, um ohne Hektik und unnötigen Erwartungsdruck in die Saison starten zu können. Dass ich bei allen vier Meetings das WM-Limit übertreffe und mir mit 70,68 bzw. 69,18 die zwei weitesten Würfe meiner Karriere gelingen, spricht für sich. Dabei waren die Bedingungen gar nicht so wunderbar."
... seinen 70,68-m-Wurf vom 19. Mai: "Das Hochgefühl ist noch lange nicht verflogen, im Gegenteil. Als ich mit dem Diskuswerfen begonnen habe, mit 15, war mir schnell klar: Wer über 70 m wirft, der ist ein ganz Großer. Jetzt gehöre ich selbst zu diesem elitären Kreis. Wenn ich einmal aufhören werde, dann kann ich sagen: Ich bin 70-m-Werfer - das ist ein Gütesiegel, der im Diskuswerfen unglaublich viel zählt. Darauf haben Gregor und ich seit 2015 hingearbeitet. Knapp 70.000 Würfe später habe ich es geschafft, das ist ein richtig gutes Gefühl - zählt für mich genauso viel wie Olympia-Bronze. Was mich total überrascht, dass mich Leute, die eigentlich nicht viel mit Sport am Hut haben, auf meinen Rekord ansprechen und sich mit mir freuen. Diese Anteilnahme ist für mich in dieser Form neu!"
... Material-Vorteile: "Ich habe unzählige Adidas-Schuh-Modelle getestet. Ein grüner Schuh ist es geworden, der passt perfekt. Ich habe mich von Anfang an wohlgefühlt. Beim (2-kg-)Diskus tüfteln wir noch, da sind heuer mehr Ausrüster zugelassen. Aber wahrscheinlich bleibt das schwarze Modell mit dem Namen Black Dynamite mein persönlicher Favorit. Ersatz ist der grün-orangene, Produktbezeichnung: Eliminator."
... die bevorstehende WM in Budapest Mitte August: "Ich habe 10 Wettkämpfe auf dem Plan, mit Stockholm nur ein Diamond-League-Meeting. Das erste Meeting mit allen Top-Leuten wird für mich Turku am 13.6. sein. Den Anfang macht wie immer St. Pölten - das Liese-Prokop-Memorial. Ganz klarer Saisonhöhepunkt ist die WM - mein Ziel: Dort meinen besten Wurf zu zeigen. Ich fahre als WM-Zehnter von Eugene nach Ungarn. Vorrangig will ich diese Platzierung toppen, so weit wie möglich nach vorne kommen."
... Trainingspartnerin Victoria Hudson (Speerwurf-Rekordhalterin): "Es ist schön zu sehen, wie sie sich entwickelt. Wir sehen uns oft, aber das Training absolvieren wir eigentlich getrennt voneinander. Gregor legt großen Wert darauf, sich voll auf eine Person konzentrieren zu können. Das funktioniert gut. Vicky hat unglaublich viel Potential. Ich hoffe, sie hält sich jetzt die Ohren zu (lacht...): Vicky ist schon jetzt jederzeit gut für eine Medaille. Sie wird ihren Weg machen, da bin ich ganz sicher."
Victoria Hudson über...
... ihre aktuelle Form: "Ich habe ja, nach meinem kurzen Intermezzo in Tschechien, im Jänner mit Gregor zu arbeiten begonnen. Im Herbst war ich oft krank, habe das Training nicht gut verkraftet. Seitdem ich bei Gregor bin, läuft's richtig gut. Er kennt mich ja schon seit meinem 13. Lebensjahr. Er ist ein unglaublicher Technik-Tüftler. Wir arbeiten am Material, haben schnell den für mich besten Speer gefunden. Er hat eine blaue Spitze, das ist seitdem ich 17 bin mein absoluter Lieblingsspeer, den habe ich von meinen Eltern bekommen. Dass ich bei den 3-Testmeetings schon neunmal über 60 m geworfen habe, sagt viel aus. Die Saisonbestleistung (64,05) ist bei mir widrigen Witterungsbedingungen in Eisenstadt gelungen. Also ich gehe schon davon aus, dass ich heuer noch weiter werfe."
... Vorbild Lukas Weißhaidinger: "Lukas ist ein Weltklasse-Athlet, wie er im Buche steht. Er ist unglaublich fokussiert und arbeitet extrem hart. Also da kann man sich viel abschauen. Seine lieben Worte über mich, bedeuten mir richtig viel. Ja, natürlich will ich es ihm nachmachen und auch Medaillen holen."
... die Erwartungen für die WM in Budapest: "Ich bin in der Welt-Jahresbestenliste die Nummer vier. Ich habe das Potential, mein erstes WM-Finale zu erreichen und im Hinterkopf habe ich schon die Olympischen Spiele in Paris. Meine Konstanz ist jedenfalls viel größer geworden. Ich bin wurftechnisch sicherer und stabiler geworden. Das Training macht richtig Spaß."
... das Privileg, im IOC-Solidarity-Programm zu sein (als eine von 6 Österreicher:innen): "Ich bekomme ein monatliches Stipendium, kann mir deshalb jetzt eine Wohnung gleich in der Nähe der Südstadt leisten, muss nicht darüber nachdenken, ob ich mir Behandlungen oder Bandagen leisten kann. Diese Dinge rechne ich ab. Das Bundesheer, die Sporthilfe und das Solidarity-Programm geben mir finanzielle Sicherheit. Das macht meinen Kopf freier, fühlt sich gut an."
Gregor Höger über...
... neue Impulse im Training: "Bei Lukas haben wir seine Wurftechnik insofern verändert, dass wir am linken Rand anfangen, damit nicht so nahe ans Übertreten kommen. 5 - 7 Zentimeter Unterschied machen da viel aus. Lukas fühlt sich damit sicherer."
... die WM-Chancen: "Lukas ist einer von 7 Medaillen-Kandidaten. Er ist sicher näher an der Spitze als im letzten Jahr. Die Zeichen für die WM in Budapest stehen gut. Der 70-m-Rekordwurf sollte ihm eine neue Leichtigkeit geben... Bei Victoria geht's darum, dass die Wurftechnik richtig gut passt, der Rest kommt dann von alleine. Nicht umsonst ist sie aktuell die Nummer 4 der Welt. Natürlich ist ihr in Budapest ein Finalplatz zuzutrauen. Victoria lebt von ihrer Schnelligkeit. Sie muss lernen, noch schneller anzulaufen. Dann werden auch noch größere Weiten kommen."