"Ich bin sehr zufrieden!"
Persönliche Saisonbilanz nach 15 Wettkämpfen, 11 Siegen, WM-Rang 7 und ÖLV-Rekord
Während sich Coach Gregor Högler Montagnachmittag einer Schulter-OP unterzog, zieht der Olympiadritte Lukas Weißhaidinger vor dem letzten geplanten Meeting, Sonntag, den 10. September, in Zagreb seine persönliche Saisonbilanz.
Wie zufrieden bist du mit deinem Sportjahr 2023?
Lukas Weißhaidinger: "Ich bin prinzipiell sehr zufrieden, habe den ersten 70-m-Wurf meiner Karriere (in einem offiziellen Wettkampf) im Mai geschafft, mich damit in den Geschichtsbüchern von World Athletics verewigt. Zur Einordnung dieser Leistung: Mit dem ÖLV-Rekord von 70,68 m vom 19. Mai 2023 rangiere ich auf Platz 21 in der ewigen Diskus-Rangliste. Erst 31 Athleten weltweit (aus 16 Nationen - 5 Amerikaner, 4 Deutsche, 3 Schweden, 3 Russen usw.) haben die 70-m-Marke übertroffen - sie ist ein absolutes Gütesiegel. Zum Vergleich: 167 Sprinter konnten bislang die 10,00 Sek. über 100 m unterbieten. Ich bin sehr froh und erleichtert, Mitglied des 70-m-Klubs zu sein, habe lange darauf hingearbeitet. Vom Stellenwert her würde ich das mit Olympia-Bronze gleichsetzen. Ich habe bei 15 Wettkämpfen einen Schnitt von über 66 m erreicht, auch das ist eine Zahl, mit der ich absolut zufrieden sein kann. Bei der WM in Budapest habe ich mein Ziel erreicht, unter die To-8 zu kommen. Wenn mir ein Wurf ideal gelungen wäre, hätte ich unter die Top-5 kommen können. Mehr war an diesem 21. August diesmal nicht drinnen, das muss ich akzeptieren. Für mich ist das der Antrieb, es in der Olympia-Saison - am Tag X - besser zu machen. Noch mehr an meiner Technik, Schnelligkeit und dem Material zu arbeiten."
Die WM war - gemessen an den Weiten - der beste Wettkampf aller Zeiten. Im Moment ist die Dichte an der Spitze extrem groß. Was zeichnet Weltmeister, Olympiasieger Stahl und Ex-Weltmeister Ceh aus?
Weißhaidinger: "Sie sind Ausnahmeathleten, haben eine um mehr als 10 Zentimeter größere Armspannweite, sind dazu auch größer als ich, mit einer Körpergröße von über 2 Meter. D.h. sie haben wesentlich bessere Hebel. Ich muss versuchen mit besserer bzw. riskanterer Technik meinen körperlichen Nachteil wettzumachen. Das ist keine Ausrede, sondern physikalische Tatsache. Aber ich nehme den Kampf gerne an. Ich weiß, dass ich sie schlagen kann, habe das auch schon mehrmals bewiesen. Der 7. Platz von Budapest war meine vierte WM-Platzierung unter den Top-10 - bei insgesamt 5 WM-Teilnahmen. In der Weltrangliste rangiere ich auf Rang 6, war mehr als 150 Wochen unter den Top-3. Damit kann ich gut leben."
Zum Thema Fitness: Du bist seit deinem Mittelfußknochenbruch 2016 vor den Olympischen Spielen in Rio weitgehend unverletzt geblieben. Wie erklärst du dir das?
Weißhaidinger: "Wahrscheinlich braucht man ein bisschen Glück, ein Unfall kann einem Hochleistungssportler immer passieren, beim Krafttraining, aber auch im Diskusring, wenn Fliehkräfte bis zu 4 G wirken. Aber wir arbeiten - mit ÖLV-Teamarzt Richard Högler - sehr intensiv daran, dass mein Körper möglichst gesund bleibt. Sobald es Disbalancen gibt - bei den monatlichen Kontrolluntersuchungen - wird das Training gezielt auf die medizinischen Bedürfnisse abgestimmt. Das zahlt sich mittel- und langfristig aus. Ein bisschen Rückenprobleme hast du als Diskuswerfer immer, alleine schon wegen dem Krafttraining (mit großen Lasten). Aber ich kann mich nicht beschweren. Ich bin sehr fit, das Training macht nach wie vor Spaß. Olympia 2024 in Paris kann kommen."
Zum Saisonabschluss gab's in Taufkirchen das erste LA-Meeting und ein 250.000-Euro-Wurfzentrum wurde eröffnet. Adresse: Lukas-Weißhaidinger-Straße 1, Taufkirchen. Name: Lukas Weißhaidinger Wurfzentrum. Wie stolz macht dich das?
Weißhaidinger: "Es ist eine große Ehre und macht mich natürlich stolz. Wir haben seit 2018 verhandelt und versucht, die Finanzierung aufzustellen. Die Gemeinde zahlte den Großteil, auch der ÖTB Taufkirchen hat sich beteiligt. Die Klubmitglieder haben 750 Stunden Arbeitszeit investiert. Der ÖTB Taufkirchen hat aktuell 34 Trainer und 500 Mitglieder (bei 644 Haushalten), 200 davon in der LA-Sektion. Ich werde ab sofort wieder öfters in Taufkirchen trainieren, wann immer es mein Zeitplan erlaubt, und nach meiner Karriere als Wurf-Coach im Klub einsteigen. Das ist bereits ausgemachte Sache. Mit dem Ziel: möglichst viele Nachfolger zu finden, die Spaß an der Leichtathletik bzw. am Leistungssport haben."