WM-Abschlusstraining
Die letzten Würfe im BSFZ Südstadt
Dienstag stand noch das Abschlusstraining im BSFZ Südstadt auf dem Programm, das letzte Wurftraining vor dem Abflug am 25. September zur Leichtathletik-WM nach Doha (QAT). „Seit Brüssel weiß ich, dass mich jeder auf der Rechnung haben muss. Aber mit den 66 Metern vom Diamond League-Finale gewinnst du bei der WM keine Medaille. Das trau‘ ich mich wetten. Da wird man sicher über 68 Meter werfen müssen“, spricht ÖLV-Diskus-Rekordhalter Lukas Weißhaidinger Klartext. .„Es kommt auf das Gefühl beim Abwurf an, auf die letzten paar Sekundenbruchteile. Da darfst du nicht zu viel wollen, ja nicht verkrampfen. Zuletzt hat das sehr gut geklappt. Meine Wurftechnik war in Minsk top“, betont der 27-jährige Oberösterreicher. Auch die WM-Generalprobe in Doha beim Diamond-League-Meeting am 3. Mai diesen Jahres lief durchaus nach Wunsch. „Ich wurde hinter Daniel Stahl Zweiter, hab‘ im ersten Anlauf mit 66,90 Metern das Olympialimit für Tokio geworfen. Ich werde mit einem guten Gefühl in den Wurfring steigen. Doha hat mir bis jetzt durchaus Glück gebracht. Aber weitenmäßig werde ich mich steigern müssen.“
Der EM-Dritte von Berlin 2018 über…
…seine Erwartungen für die WM in Doha: „Die Bedingungen sind top. Der Wurfkreis passt, das Stadion wird auf 24 Grad heruntergekühlt. Ich habe zuletzt konstant Top-Resultate erzielt, bis auf Daniel Stahl alle geschlagen. In so einer Ausgangslage war ich ehrlich gesagt noch nie: Jetzt kann ich nicht mehr davon sprechen, nur Außenseiter zu sein. Das ist eine neue Dimension, die muss ich erst langsam verarbeiten. Aber prinzipiell taugt mir diese Situation – ich kann gut mit Druck umgehen, hab‘ mir diese Situation ja hart erarbeitet.“
… die Angst des Werfers vor der Qualifikation: „Es hat schon die Besten erwischt. Olympiasieger Christoph Harting bei der Heim-EM in Berlin, den Schweden Daniel Stahl bei Olympia in Rio. Du kannst dir vorher noch so oft einreden: Das schaffst du locker. Wenn du dann in den Wurfkreis gehst, schlottern jedem ein bisschen die Knie. So eine Situation haben wir nur bei Olympia, bei WM und EM. Das kannst du nicht trainieren. Da hilft nur: Augen zu und durch. In Berlin wäre ich als Elfter fast gescheitert. Nur die besten Zwölf kommen ins Finale. Das war haarscharf. In Rio ging’s, mit Platz 2, leicht von der Hand. Das wäre auch mein Ziel für den 28. September.“
… den 30. September, wenn abends das Diskus-Finale ansteht: „Es gehört immer auch ein bisschen Glück dazu, wenn du eine Medaille holen willst. Dass ich es drauf habe, hat Berlin gezeigt. Auch meine letzten Resultate waren alle top. Ich bin 100 prozentig fit und top in Form. Trotzdem beginnt an diesem 30. September alles bei null. Das macht die Spannung aus. Aber nur wenn ich mir eine gewisse Lockerheit bewahren kann, könnte es funktionieren. Wer verkrampft, wirft keine 68 Meter oder mehr. Das ist die Kunst im Diskuswerfen.“
Trainer Gregor Högler über…
… den WM-Form-Aufbau: “Unser Trainingsplan ist perfekt aufgegangen, Lukas hat sich im Vergleich zum Vorjahr weiter gesteigert. Wir können beruhigt nach Doha fliegen. Platz 2 beim Diamond-Legue-Finale, Rang 3 im IAAF-Jahres-Ranking, Platz 3 in der Weltrangliste, dazu der Sieg bei Kontinental-Match USA – Europa in Minsk… Luki ist bereit für eine Medaille. Aber all das zählt am 28. September nichts mehr. Da muss er die Qualifikation überstehen, im Finale dann über 68 m werfen. Sonst wird sich eine Medaille nur schwer ausgehen. Klar ist aber auch: Das beste WM-Abschneiden im Männerbereich in der ÖLV-Geschichte waren zwei siebente Plätze: 1987 in Rom durch Klaus Bodenmüller im Kugelstoßen, 1991 in Tokio im Stabhochsprung durch Hermann Fehringer. Lukis bislang bestes WM-Ergebnis war der neunte Platz von London 2017. Das ist unser Minimalziel.“
… die härtesten WM-Gegner: „Klarer Favorit ist der Schwede Daniel Stahl. Wer im Jahres-Ranking neun der zehn weitesten Würfe auf seinem Konto hat, der sollte auch bei der WM die Nase vorne haben. Minsk hat er aus privaten Gründen ausgelassen, in Brüssel beim Diamond-League-Finale war er einmal mehr die klare Nummer eins. Er ist ganz klar der Mann, den es in Doha zu schlagen gilt. Als Nummer zwei muss man den Jamaikaner Fedrick Dacres anführen, auch wenn Luki ihn zuletzt in Brüssel geschlagen hat. Der WM-Vierte von 2017 hat eine Saisonbestleistung über 70 Meter stehen. Zu beachten sind auch Europa- und Weltmeister Andrius Gudzius, der im Frühjahr noch eine Bein-OP hatte, sich aber zuletzt schon wieder in alter Stärke präsentierte und Ex-Weltmeister Piotr Malakowski, mit Abstrichen auch der Norweger Ola Stunes Isene und der Rumäne Alin Alexandru Firfirica.“
… die Qualifikation: „Lukas wird mit einer Sicherheits-Technik werfen, d.h. ein bisschen langsamer drehen, weniger nahe zum Ringende abwerfen, um auf Nummer sicher zu gehen. In der Qualifikation sollte eine Weite von 65 Meter zur Qualifikation genügen. Da muss er noch nicht seine weitesten Würfe auspacken.“
… finanzielle Anreize: „Der ÖLV – hat dank Partner Helvetia – erstmals hohe Medaillen-Prämien ausgesetzt. Für den WM-Titel gäbe es 75.000 Euro, für Silber 50.000 und für Bronze 25.000. Beim Diamond-League-Finale hat Luki schon 20.000 Dollar für Platz 2 verdient, in Minsk gab’s 7.000 $ für den Sieg. Ich hoffe, wir können in Doha den Kontostand weiter erhöhen! Es wäre gelogen zu sagen, Geld spielt keine Rolle. Zugegeben nicht am Tag X, wenn er im Wurfkreis steht. Aber im Training helfen solche Anreize, wenn’s darum geht, immer wieder ans Limit zu gehen.“
Detail am Rande: Lukas wird bei der WM - wie schon die gesamte Diamond-League-Saison - mit seinem schwarzen Lieblings-Diskus (genormtes IAAF-Gewicht: 2 kg) werfen. Der Reserve-Diskus trägt die Farben orange-grün.